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Quo vadis QFD?
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Die Anwendung von QFD in den verschiedenen Entwicklungsstufen für neue und weiterzuentwickeltende Produkte
und Prozesse ist durch den funktionsorientierten Einsatz in den verschiedenen Phasen (Häusern, Deployment)
wesentlich erweitert worden. Unklar ist in diesem Zusammenhang bis heute, ob die Quantifizierung der QFD typischen
unscharfen Relationen (Abb. 1) die QFD-Anwendung zusätzlich erweitert oder die Unschärfe so zunimmt,
daß die Ergebnisse unbrauchbar sind.
Daher soll versucht werden
- die Relationen durch Verwendung relevanter Daten von Vorläuferprodukten oder
Daten aus bekannten theoretischen Überlegungen zu quantifizieren und
- durch den Einsatz von multivariaten statistischen Methoden Relationen unter
Ausnutzung der Abhängigkeitsstruktur zwischen den Input-, Prozeß- und Produktparametern
zu präzisieren
1. Prozeß - Produkt - Kunde
Jedes erfolgreiche Produkt - hier betrachten wir als Beispiel einen Fön -
muß die Kundenanforderungen erfüllen. Daher ist es erforderlich, die Kundenanforderungen
in Produktparameter
Y1, Y2, ..., Ym , m >= 1
zu übersetzen.
Damit das Produkt die Kundenanforderungen erfüllen kann, müssen die Anforderungen
an das Produkt für den Prozeß spezifiziert werden.
Die Produktparameter sind in der Regel jedoch nicht unabhängig voneinander. Daher müssen
für die Spezifizierung in Form von Sollwerten und Toleranzgrenzen für
alle Produktparameter mathematisch - statistische Methoden verwendet werden.
Das Produkt, beschrieben durch die Produktparameter:
Y1, Y2, ..., Ym und spezifiziert
durch die Sollwerte und Toleranzgrenzen wird in einem Prozeß oder einem Netzwerk von Prozessen durch
spezifizierte Inputs und die Steuerung über die Prozeßparameter
X1, X2, ..., Xn produziert.
Je genauer die Kommunikation zwischen den Kunden und allen Prozessen ist, d.h. je präziser die
Schnittstellen zwischen den Prozessen und Kunden durch die Kunden - Lieferanten - Verhältnisse modelliert
werden, desto kürzer sind die Entwicklungszeiten, desto höher sind die Fähigkeiten der Prozesse
und desto kürzer sind die Produktionszeiten usw.
2. QFD - Haus 2 für den Fön
Der Einfachheit halber wird hier vorausgesetzt, daß die Kundenerwartungen durch Marktanalysen erfaßt und
in Relation zu den Produktparametern gesetzt wurden.
Der Fön besteht aus verschiedenen Baugruppen,
im Folgenden Komponenten genannt: Gehäuse mit Luftkanal, Motor, Ventilator, Heizung, Regeleinrichtung,
Schalter, Sicherheitseinrichtungen etc. Die Komponenten werden durch die
Produktparameter Y1, Y2, ..., Ym beschrieben.
Durch die Komponenten werden Funktionen F1, F2, ..., Fi, i >= 1 realisiert.
Z. B. wird durch den Motor der Ventilator angetrieben. Dadurch entsteht ein Luftstrom,
der durch eine Heizung temperiert werden kann.
Die Komponenten in diesem Beispiel sind: Motor, Ventilator, Heizung und Gehäuse.Die Funktionen der Komponenten sind
F1 = Luftdurchsatz in [cm3/sec]
F2 = Luftströmung (laminar, turbulent)
F3 = Lufttemperatur [0C].
Die Produktparameter, die diese Funktionen realisieren, sind:
Y1 = Leistung des Motors in [W]
Y2 = Leistung des Ventilators in [cm3/sec]
Y3 = Gehäuse, Kanallänge
Y4 = Gehäuse, Kanalquerschnitt
Y5 = Heizung [W]
Im QFD-Haus 2 wird die Abhängigkeitsstruktur zwischen den Funktionen und Produktparametern
einerseits in der Bewertungsmatrix und zwischen den Produktparametern in der Dachmatrix beschrieben.
Bereits an dieser Stelle hat man in der Regel mehr Information über die Produkte und die Abhängigkeiten
der Funktionenparameter von den Produktparametern als nur die unscharfen Bewertungen
(z.B die Matrizenwerte 1 - 3 - 9).Diese Information stammt entweder aus den sogenannten Vorläuferprodukten
oder physikalischen, chemischen und technischen Zusammenhängen.
Hier beim Beispiel des Föns wird die Information aus physikalischen Gesetzen und Vorläuferprodukten gewonnen.
Zur Verdeutlichung des Einsetzens bekannter Relationen in das Haus 2, wird im Folgenden nur
eine Auswahl von Funktionen- und Produktparametern betrachtet. Das Haus 2 hat damit die einfache
Gestalt der Abb. 1.
Aus der Elektrotechnik und der Strömungslehre für Gase können die Abhängigkeiten zwischen den Parametern
und den Funktionen ableitet werden. So kann z.B. die Luftströmung durch die mittlere Gasgeschwindigkeit in der Form:
um = F2 / Q dargestellt werden, wobei F2 die Luftströmung, Q der Querschnitt des Kanales und
um die mittlere Geschwindigkeit bezeichnet.
Außerdem gilt: F2 = V / t = Q · u
Der Strömungswiderstand wird mit der Kraft aufrechterhalten: K = 8 · Pi · µ ·L · (F2 / Q),
wobei µ Viskosität und L die Länge bezeichnen
Neben diesen physikalischen Gesetzen erhalten wir aus anderen Fönen einige Abhängigkeiten,
die zusammen mit den physikalischen Gesetzen in das QFD - Haus 2 eingesetzt werden, so daß
das präzisierte Haus in Abb. 2 entsteht.
3. Berechnung von statistischen Relationen zwischen Funktionen und Produktparametern
Die Größen in dem präzisierten QFD - Haus 2 sind Korrelationskoeffizienten. Korrelationskoeffizienten sind
Maße für die lineare Abhängigkeit zwischen jeweils zwei Zufallsgrößen.
Der Korrelationskoeffizient der Zufallsgrößen X und Y wird mit rxy bezeichnet.
Es gilt: -1 <= rxy <= 1
Sind die beiden Zufallsgrößen linear voneinander abhängig, dann ist der Korrelationskoeffizient
gleich 1. Sind die beiden Zufallsgrößen unabhängig voneinander, dann ist der Korrelationskoeffizient
gleich 0.
Mit Hilfe der Korrelationskoeffizienten können nun die folgenden ganz wesentlichen Aussagen formuliert werden:
1. Die nicht unabhängigen Produktparameter Y1, Y2, ..., Ym der QFD - Dachmatrix besitzen
eine gemeinsame m- dimensionale Verteilung. Diese wird vollständig durch den Vektor der Erwartungswerte
für alle Produktparameter und die Korrelations - bzw. Kovarianzmatrix als Ausdruck für die
Abhängigkeitsstruktur zwischen den Produkparametern charakterisiert.
Daraus folgt:
- es kann eine Rangfolge der Wichtigkeit der einzelnen Produktparameter berechnet werden und
- das Produkt ist vollständig und widerspruchsfrei durch die angegebenen Produktparameter beschrieben,
wenn die Dach Korrelationsmatrix positiv definiert ist.
2. Die Funktionen und die Produktparameter besitzen eine gemeinsame m + n dimensionale Verteilung.
Daraus folgt, daß die Funktionen in Abhängigkeit von allen Produktparametern in Form einer bedingten
Verteilung dargestellt werden können. Das heißt aber, daß die Funktionen aus den Produktparametern
berechnet werden können.
Gehören die multivariaten Verteilungen zur Klasse der elliptisch umrissenen Verteilungen,
dann sind die Gleichungen für die Funktionen linear in den Produktparametern.
Die Dachkorrelationsmatrix:
R = |
1,00 |
0,96 |
0,90 |
-0,34 |
0,09 |
|
1,00 |
0,94 |
-0,30 |
0,01 |
|
|
1,00 |
-0,20 |
0,10 |
|
|
|
1,00 |
-0,20 |
|
|
|
|
1,00 |
ist positiv definiert, d.h. die Beschreibung des Föns durch die Produktparameter: Leistung des Motors,
Leistung des Ventilators, Rohrlänge, Rohrquerschnitt und Heizung ist eindeutig.
Für die Funktionen in Abhängigkeit von allen Produktparametern können nun ebenfalls
Gleichungen berechnet werden, die aussagen, wie eine Funktion durch die Produktparameter realisiert werden kann.
Es gilt z. B. für F1 = Luftdurchsatz in [cm3/sec]
F1 = - 634.77 + 5.09 Y1 + 2.56 Y2 - 192.32 Y3 - 12.979 Y4 + 0.0056 Y5
Für die anderen Funktionenparameter können analoge Gleichungen erstellt werden. Diese Gleichungen
unterstützen die Entwicklung (Weiterentwicklung) von Produkten, indem die Produktparameter variiert
werden. Als Ergebnis erhält man die Auswirkungen durch diese Veränderungen auf die Funktionenparameter
oder umgekehrt.
Werden z. B. für die Produktparameter die folgenden Werte eingesetzt:
- Y1 = Motorleistung = 75 [W]
- Y2 = Ventilatorenleistung = 550 [cm3/sec]
- Y3 = Rohrlänge = 2 [cm]
- Y4 = Rohrquerschnitt = 4 [cm]
- Y5 = Heizung = 1100 [W]
erhalten wir für den Luftdurchsatz den Wert Z1 = 600 [cm3/sec].
Des weiteren ergibt sich für jeden Produktparameter eine Wichtung, die angibt,
wie groß die Wirkung dieses Parameters auf die Funktion ist. Das ist insofern wichtig,
da die Koeffizienten in der Gleichung dimensionsabhängig sind.
Die obige Gleichung ergibt die mit Vorzeichen versehene Rangfolge
Y2, -Y3, Y1, -Y4, Y5
der Produktparameter bezüglich ihrer Wirkung auf die Funktion. Werden nur die Produktparameter
des Daches betrachtet, können Produktgleichungen aufgestellt werden.
Hieraus erhalten wir noch einmal eine Wichtung der Produktparameter. Im vorliegendem Fall sind dies:
Y1 = 0.983, Y2 = 0.958, Y3 = 0.927, Y4 = 0.72 und Y5 = 0.52.
Diese Wichtung ist bedeutsam für
die Entwicklung, da mit größer werdenden Gewicht eines
Produktparameters der zugehörige Funktionenparameter stark
beeinflußt wird und die Änderung daher sensibel vorgenommen
werden muß.
Diese Wichtung ist bedeutsam für die Entwicklung, da mit größer werdenden Gewicht
eines Produktparameters der zugehörige Funktionenparameter stark beeinflußt wird und die
Änderung da-her sensibel vorgenommen werden muß.
Zum anderen wird die Produktgleichung benutzt, um die Sollwerte und
Toleranzgrenzen für die Produktparameter zu berechnen. Das ist
deswegen von großer Bedeutung, da die Prozesse zur Herstellung
der Komponenten, aus denen sich das Produkt zusammensetzt, so gesteuert
werden müssen
- diese Zielwerte erreicht werden, so daß die Komponenten zusammenpassen und
- über Prozeß- und Produktfähigkeiten nachgewiesen werden kann, daß alle
Kundenanforderungen durch das Produkt erfüllt werden.
Das Haus 3 betrifft die Produktion des
Produktes, d.h. die Entwicklung oder Anpassung der Prozesse zur
Herstellung der Komponenten an das neue Produkt. Das Vorgehen in diesem
Haus ent-spricht dem vorangegangenem Vorgehen in vollem Umfang. Die
Dachmatrix dieses Hauses beinhaltet die Abhängigkeitsstruktur
zwischen den Prozeßparametern und die Bewertungsmatrix
umfaßt die Abhängigkeiten zwischen den vorgegebenen Produkt-
und Prozeßparametern. Mit den Sollwerten für die
Produktparameter können Prozeßgleichungen berechnet werden,
nach denen die Prozesse gesteuert werden, so daß obige die
Forderungen "Erreichen der Sollwerte für die Produktparameter und
Nachweis der Erfüllung aller Kundenanforderungen mit Hilfe von
Prozeß- und / oder Produktfähigkeiten" erfüllt werden.
Dr. W. Jahn, Leipzig
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